04.08.2015 - Die Huntington-Krankheit ist eine genetisch bedingte Erkrankung des Gehirns. Sie ist gekennzeichnet durch z.T. schwere motorische, kognitive und psychiatrische Störungen. Huntington-Patienten sind erheblich in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt; eine Heilung gibt es nicht. In einer Pilotstudie ist es nun den Neurochirurgen der Uniklinik Düsseldorf mit Hilfe der Tiefen Hirnstimulation gelungen, die Leiden einer kleinen Zahl schwer kranker Patienten mit Chorea Huntington zu lindern.
Die Ergebnisse der Studie wurden in der Zeitschrift „Frontiers in Neurology“ publiziert. An die Pilotstudie wird sich nun eine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Multicenter-Studie anschließen.
Der Name Chorea Huntington beschreibt eines der Leitsymptome der Erkrankungen, nämlich die typischen, zeitweisen und unwillkürlichen, nicht vorhersehbaren Bewegungen. Sie geht einher mit weiteren Bewegungsstörungen. „Alle postoperativ erhobenen, standardisierten Testverfahren bezüglich der Lebensqualität, der Funktionalität sowie psychologischer Stimmungsdaten (Depression scale) zeigten eine signifikante Verbesserung durch die Tiefe Hirnstimulation in dieser stringent durchgeführten und sauber ausgewerteten Studie “, berichtet Prof. Jan Vesper, Neurochirurg, verantwortlich für die Düsseldorfer Studie und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neuromodulation.
Auf der Basis der vorläufigen Ergebnisse kann man darauf schließen, dass die Tiefe Hirnstimulation des Globus Pallidus eine gute und sichere Option zur Behandlung des M. Huntington darstellt, dass aber zur weiteren Beurteilbarkeit größere, multizentrische, placebo kontrollierte Studien folgen müssen. Bei dieser Pilotstudie in Düsseldorf war die Anzahl der Patienten mit sechs Teilnehmern limitiert, was auch an der Seltenheit dieser schweren Erkrankung liegt. In einer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Multicenterstudie unter der Leitung von Prof. Vesper, werden Neurologen und Neurochirurgen aus acht deutschen und weiteren vier europäischen Zentren in der Schweiz, Frankreich und Großbritannien nunmehr an einer Gruppe von 44 Patienten die Langzeitwirkung der Stimulation auf die Chorea untersuchen.
Originalpublikation
Wojtecki L, Groiss S, Ferrea S, Elben S, Hartmann CJ, Dunnett S, Rosser A, Saft C, Südmeyer M, Ohmann C, Schnitzler A and Vesper J (2015). A prospective pilot trial for pallidal deep brain stimulation in Huntington´s disease. Front. Neurol. 6:177. doi: 10.3389/fneur.2015.00177 Online
Hintergrund zur Methodik der Studie
Untersucht wurden sowohl die Wirksamkeit der Tiefen Hirnstimulation (THS) auf motorische und psychiatrische Symptome als auch der Zielbereich der THS im Gehirn. Allen Studienteilnehmern wurde ein „Hirnschrittmacher“ implantiert, dessen Elektroden die Neurochirurgen in beiden Hirnhälften jeweils im vorderen Teil des Globus pallidus so platzierten, dass sowohl dessen innerer Teil als auch der äußere erreicht werden konnten.
Diese Regionen wurden über drei Monate stimuliert. Es folgten weitere drei Monate, in denen die Rollen vertauscht wurden, danach eine Periode mit Stimulation des wirksamsten Kontakts. In dieser offenen Phase wurden sowohl die Stimulationsparameter optimiert, als auch wie in den beiden vorherigen Phasen, die Schwere der Chorea gemessen und mit dem Anfangswert verglichen.
Primäre Ergebnisse zeigen, dass die chronische Stimulation des Globus pallidus zu einer signifikanten Verminderung der Chorea-Symptome über einen Zeitraum von sechs Monaten führte. Die Zielareale der Stimulation im Gehirn - Globus pallidus externus (GPE) mit der internen pallidalen (GPI) Stimulation – unterschieden sich hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Symptome nicht signifikant. Die Wissenschaftler berichten weiterhin über eine individuelle Spannbreite der Effekte hinsichtlich der dystonen Symptome, einer weiteren Bewegungsstörung neben der typischen Chorea, von einer sehr guten Reduktion bis hin zu Patienten, die nicht auf die Therapie ansprachen. Dazu gehören Patienten mit einem hypokinetisch rigidem Symptom und sogenannte Westphal Patienten (Sonderform der Huntington Erkrankung), die nicht von der Therapie profitierten. Die kognitiven Funktionen zeigten sich bei allen Patienten über sechs Monate stabil.
Die Vorteile dieser Studie liegen in dem prospektiven Design, der doppelten Verblindung bezüglich der GPI und der GPE Stimulation und der Beurteilbarkeit der Effekte, der chronischen Stimulation, bezüglich der nicht motorischen Effekte des M. Huntington, so wie der Lebensqualität.
Kontakt
Univ.-Prof. Dr. Jan Vesper
Funktionelle Neurochirurgie und Stereotaxie
Neurochirurgische Klinik
Universitätsklinikum Düsseldorf
Tel.: +49 211 81 08778/ -16058
Quelle: HHU (Copyright 2015)