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Symbolbild Neurone im Raum

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Preis der Christiane und Claudia Hempel-Stiftung für Stammzellforschung an Dr. Jessica Schira

Zum 6. Mal verlieh die von dem Düsseldorfer Unternehmer Friedrich-Wilhelm Hempel und seiner Familie gegründete Christiane und Claudia Hempel-Stiftung einen Preis an eine Nachwuchswissenschaftlerin, die auf dem Gebiet der regenerativen Zellen und Stammzellen forscht. Ausgezeichnet wurde Dr. Jessica Schira aus dem Molecular Neurobiology Laboratory (undefinedProf. Hans Werner Müller) der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Düsseldorf.

Schwerpunkt von Dr. Schiras Forschung ist die Transplantation von Stammzellen zur Förderung der  Regeneration der Nervenfasern nach traumatischen Rückenmarksverletzungen als vielversprechende Behandlungsmöglichkeit. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert.

Die Ausbildung von fibrösem Narbengewebe und die geringe Regenerationsfähigkeit verhindern das Aussprossen vorhandener Nervenfasern und die damit einhergehende Wiedererlangung der Bewegungsfähigkeit.  Diese Hemmung könnte theoretisch durch die Verabreichung von Wachstumsfaktoren oder durch die Transplantation von Zellen in das geschädigte Areal aufgehoben  werden, so dass das Wachstum der Nervenzellen gefördert wird.

Dr. Schira konnte zeigen, dass sogenannte unrestricted somatic stem cells (USSC) aus dem humanen Nabelschnurrestblut eine vielversprechende Stammzellpopulation für einen therapeutischen Ansatz darstellen. Sie sind ethisch unbedenklich, ohne Risiken für den Spender zugänglich und zeigen im Gegensatz zu embryonalen oder induziert pluripotenten Stammzellen keinerlei Tumorbildungspotential nach der Transplantation.

Die Christiane und Claudia-Hempel Stiftung hat in den vergangenen 10 Jahren über 300.000 Euro als Mittel für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt und mehr als 100.000 Euro an Preisgeldern ausgeschüttet.

 

Quelle: undefinedHHU (Copyright 2015)


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Alzheimerkrankheit: Oscar für "Still Alice"

Düsseldorf, 23. Februar 2015 – In den deutschen Kinos startet am 5. März der Film „Still Alice“, in dem eine 50 Jahre alte Linguistik-Professorin an der familiären Form von Alzheimer erkrankt. Die Hauptdarstellerin Julianne Moore erhielt am Sonntag für ihre Rolle den Oscar als beste Schauspielerin. Die gemeinnützige Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI), der größte private Förderer der Alzheimer-Forschung in Deutschland, klärt über die familiäre Variante der Alzheimer-Erkrankung auf.

Bei der Alzheimer-Krankheit wird zwischen der sporadischen und der familiären Form unterschieden. Nur etwa 1 Prozent aller Alzheimer-Fälle geht auf die erblich bedingte, familiäre Form zurück. Hier führen Mutationen in einem von drei unterschiedlichen Genen dazu, dass Menschen mit einer entsprechenden Veranlagung in jedem Fall erkranken werden. Die familiäre Alzheimer-Form tritt zumeist zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr auf, wobei das Erkrankungsalter in den betroffenen Familien um bis zu fünf Jahre variieren kann. Die Mutationen werden autosomal-dominant vererbt, es kommt also bereits beim Vorhandensein nur eines mutierten Gens zur Erkrankung.

„Die charakteristischen Veränderungen des Gehirns unterscheiden sich bei der sporadischen und familiären Alzheimer-Form nicht“, erklärt undefinedProf. Dr. Sascha Weggen aus dem Wissenschaftlichen Beirat der AFI. „Zudem ist der klinische Verlauf beider Varianten sehr ähnlich. Dies spricht dafür, dass die Krankheitsmechanismen der seltenen familiären Formen und der häufigen sporadischen Alzheimer-Krankheit sehr ähnlich sind“, sagt der Alzheimer-Forscher von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Auch wenn die Patienten mit der erblich bedingten Form der Alzheimer-Krankheit deutlich in der Unterzahl sind, ist ihre Bedeutung für die Forschung enorm. „Patienten mit der familiären Form der Alzheimer-Krankheit sind der Schlüssel für die Entwicklung von wirksamen Therapie-Strategien“, sagt Prof. Weggen. „Bei den Patienten mit familiärer Alzheimer-Erkrankung werden die Träger einer Genmutation immer erkranken. Somit kann das Ausbleiben oder ein späteres Auftreten von Krankheitssymptomen die Wirksamkeit eines neuen Medikamentes sicher beweisen.“

Die wichtigsten Unterschiede im Überblick:

Sporadische Alzheimer-Erkrankung:

  • häufig (ca. 99 Prozent aller Fälle)
  • spätes Erkrankungsalter ab 65 Jahren
  • Alter ist der wichtigste Risikofaktor
  • geringerer Einfluss genetischer Faktoren

Familiäre Alzheimer-Erkrankung:

  • selten (ca. 1 Prozent aller Fälle)
  • frühes Erkrankungsalter zwischen 30 und 60 Jahren
  • ursächliche Mutation in drei Genen: APP (Chromosom 21), Presenilin-1 (Chromosom 14) und Presenilin-2 (Chromosom 21)
  • autosomal-dominante Vererbung
  • Mutationsträger erkranken zu 100 Prozent

Über die Alzheimer Forschung Initiative e.V.

Die Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI) ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein. Seit 1995 fördert die AFI mit Spendengeldern Forschungsprojekte engagierter Alzheimer-Forscher und stellt kostenloses Informationsmaterial für die Öffentlichkeit bereit. Bis heute konnte die AFI 160 Forschungsaktivitäten mit über 7 Millionen Euro unterstützen und 700.000 Ratgeber und Broschüren verteilen. Interessierte und Betroffene können sich auf undefinedwww.alzheimer-forschung.de fundiert über die Alzheimer-Krankheit informieren und Aufklärungsmaterial anfordern. Ebenso finden sich auf der Webseite Informationen zur Arbeit des Vereins und allen Spendenmöglichkeiten. Botschafterin der AFI ist die Journalistin und Sportmoderatorin Okka Gundel.

Kontakt

Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI)
Dr. Christian Leibinnes
Kreuzstr. 34
40210 Düsseldorf
0211 - 86 20 66 27

Spendekonto: undefinedhttp://www.alzheimer-forschung.de/spenden/index.htm

 

Quelle: undefinedHHU (Copyright 2015)


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Gemeinsamer biologischer Nenner für psychische Erkrankungen

Jülich, 11. Februar 2015 – Veränderungen in der Hirnstruktur stimmen bei einer Vielzahl von psychischen Erkrankungen überraschend gut überein. In einer Meta-Analyse über alle bisher verfügbaren Neuroimaging-Studien mit insgesamt über 7.000 Patienten-Daten wiesen unterschiedliche Krankheitsbilder eine ganz ähnliche Verringerung der grauen Hirnsubstanz in bestimmten Hirnbereichen auf. Die betroffenen Regionen sind unter anderem für Selbstregulation und zielgerichtetes Handeln zuständig.

Die betroffenen Regionen sind unter anderem für Selbstregulation und zielgerichtetes Handeln zuständig. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift undefinedJAMA Psychiatry erschienen.

Die aus der Psychiatrie bekannten, nach Symptomen unterteilten Krankheitsbilder lassen sich oft nur schwierig mit neurobiologischen Erkenntnissen zur Deckung bringen. Nicht die Unterschiede, sondern vielmehr die Gemeinsamkeiten standen daher im Fokus des internationalen Forscherteams, das die Datensätze von 7.381 Patienten mit verschiedenen psychischen Erkrankungen und 8.511 gesunden Probanden ausgewertet hat. Die Wissenschaftler hatten insgesamt 193 Studien, in denen mit bildgebenden Verfahren strukturelle Veränderungen des Gehirns bei psychischen Erkrankungen untersucht wurden, in einer Meta-Analyse zusammengefasst.

Die diagnostizierten Krankheiten umfassten Schizophrenie, die manisch-depressive Erkrankung, Depression, Abhängigkeitserkrankungen, Zwangs- und Angststörungen. „Im Fall einer psychischen Erkrankung findet sich, unabhängig von der Art der Erkrankung, weniger graue Hirnsubstanz in bestimmten Hirnregionen als bei Gesunden“, berichtet undefinedProf. Simon Eickhoff, tätig am Forschungszentrum Jülich und der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf. Die graue Substanz der Großhirnrinde ist die äußere Schicht des Gehirns, in denen die Nervenzellen liegen und Verarbeitung stattfindet. Vom Substanzverlust betroffen sind der sogenannte dorsale anteriore cinguläre Kortex (dACC) sowie der rechte und linke Teil der vorderen Inselrinde.

Die Forscher konnten in einer zweiten Analyse zeigen, dass die drei Regionen, die durch die Krankheiten verändert werden, bei Gesunden ein eng interagierendes Netzwerk bilden. Diese Regionen sind gemeinsam für exekutive Funktionen, also die übergeordnete Kontrolle unseres Handelns zuständig. „Dass all diese verschiedenen Erkrankungen die gleichen biologischen Merkmale aufweisen, ist verblüffend und muss uns dazu bringen die bekannten, an klinischen Symptomen orientierten, diagnostischen Kategorien zu überdenken“, erklärt Eickhoff.

Beim Erstellen der Überblicksstudie hat er mit Wissenschaftlern der US-amerikanischen Stanford University unter der Leitung von Prof. Amit Etkin  und weiteren amerikanischen, australischen und chinesischen Einrichtungen zusammengearbeitet. Das Ergebnis stützt genetische Untersuchungen von Wissenschaftlern des Massachusetts General Hospital, die bereits 2013 eine biologische Ähnlichkeit zwischen unterschiedlichen psychischen Erkrankungen feststellen konnten. Mit der jetzt erschienenen Studie liegt nun erstmals auch ein Nachweis konsistenter hirnorganischer Veränderungen mit bildgebenden Verfahren vor.

Original-Artikel

Goodkind M, Eickhoff SB, Oathes DJ, Jiang Y, Chang A, Jones-Hagata LB, Ortega BN, Zaiko YV, Roach EL, Korgaonkar MS, Grieve SM, Galatzer-Levy I, Fox PT, Etkin A. „Identification of a Common Neurobiological Substrate for Mental Illness.“ JAMA Psychiatry. 2015 Feb 4. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2014.2206. [Epub ahead of print] undefinedLink

Weitere Informationen

undefinedFZ Jülich Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-1)

undefinedUKD Institut für Klinische Neurowissenschaften und Medizinische Psychologie

undefinedPressemitteilung der Stanford University, Department of Medicine

Kontakt

undefinedProf. Dr. Simon B. Eickhoff
Institut für Neurowissenschaften und Medizin,  Strukturelle und funktionelle Organisation des Gehirns (INM-1)
Forschungszentrum Jülich
Tel.: 02461-61 1791

Pressekontakt

Annette Stettien
Unternehmenskommunikation
Forschungszentrum Jülich
Tel.: 02461-61 2388

 

Quelle: undefinedHHU (Copyright 2015)


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Durchbruch im Verständnis von Glutamat-Transportern

Jülich, 30. Januar 2015 – Einer Forschergruppe unter Jülicher Leitung ist ein Durchbruch im Verständnis von Glutamat-Transportern gelungen. Diese Proteine spielen eine bedeutende Rolle bei der Informationsübertragung im zentralen Nervensystem des Menschen. Mithilfe von Simulationen am Supercomputer haben die Wissenschaftler ein Strukturmodell entwickelt und in Experimenten bestätigt. Ihre Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift "Cell" veröffentlicht.

Das Team um den Mediziner und Biophysiker undefinedProf. Christoph Fahlke vom Jülicher Institute of Complex Systems (ICS-4) hat sich eine bestimmte Art von Glutamat-Transportern vorgenommen, die sogenannten Excitatory Amino Acid Transporters (EAATs). Das Spannende an dieser Klasse von Transportern: Sie kombinieren zwei strukturell, funktionell und thermodynamisch unterschiedliche Transportprozesse in einem Proteinmolekül – den sogenannten sekundär-aktiven Transport von Glutamat und die Diffusion von Chloridionen durch einen Kanal. "Eine solche Doppelfunktion ist für verschiedene Proteine postuliert worden, wir konnten erstmals aufklären, wie es tatsächlich funktioniert", erläutert Christoph Fahlke. Dank einer speziellen Computersimulation, der Molekulardynamik (Molecular Dynamics), haben die Wissenschaftler eine Struktur des Transporters identifiziert, bei der ein Ionenkanal entsteht.

Glutamat ist der bedeutendste erregende Neurotransmitter im zentralen Nervensystem. Er sorgt dafür, dass Signale von einer Nervenzelle zur anderen übertragen werden. Glutamat spielt eine wichtige Rolle für die Bewegungsteuerung, die Sinneswahrnehmung und das Gedächtnis. Allerdings: Zu viel Glutamat kann Nervenzellen schädigen. Forscher vermuten, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen hohen Glutamatkonzentrationen und Schlaganfällen, Amyotropher Lateralsklerose (degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems), aber auch Erkrankungen wie Epilepsie und Gleichgewichtsstörungen.

Die Hauptaufgabe von Glutamat-Transportern ist es, Glutamat aus der Synapse zu entfernen. Dieser Transport beginnt mit der Bindung von Glutamat an der Außenseite der Zelle. Danach bewegt sich ein Abschnitt des Proteins wie ein Fahrstuhl durch die Membran und gibt auf der anderen Membranseite den Neurotransmitter wieder frei. Während dieser Prozess gut verstanden ist, war lange Zeit völlig unklar, wie ein solches Protein einen Chloridkanal bilden kann. Ionenkanäle besitzen eine wassergefüllte Verbindung zwischen beiden Seiten der Zellmembran, durch die bestimmte Ionen wie durch einen Tunnel wandern und so elektrische Ströme erzeugen. Mit Hilfe dieser Ströme können die Glutamat-Transporter die Erregbarkeit von Neuronen steuern.

Das Team um Christoph Fahlke hat mehrere Jahre versucht, den Ionenkanalmechanismus mit verschiedensten experimentellen Techniken zu enträtseln. Alle Ansätze scheiterten. "Heute wissen wir, dass das an der Komplexität der Transmembranproteine lag. Sie ändern sehr ausgeprägt ihre räumliche Struktur", erklärt der Jülicher Wissenschaftler Dr. Jan-Philipp Machtens. Für den Durchbruch sorgten Simulationen am Jülicher Supercomputer JUROPA mit einer speziellen rechenintensiven Methode. Molekulardynamik erlaubt es, Wechselwirkungen zwischen Atomen und Molekülen zu simulieren. Zusammen mit Kollegen vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen entwickelten die Forscher ein atomares Modell des Glutamat-Transporters in einer Lipidmembran, das eine direkte Simulation der Transportfunktionen erlaubt und damit die Strukturänderungen im Protein, die zur Ionenkanalöffnung führen, sehr genau vorhersagt. "Unsere Beobachtungen haben wir mit elektrophysiologischen und fluoreszenzspektroskopischen Experimenten nachvollzogen, beispielsweise wie viele Ionen pro Sekunde durch den Kanal gehen. Die Ergebnisse von Simulationen und Experimenten stimmen nahezu perfekt überein", berichtet Christoph Fahlke.

Als Nächstes wollen die Forscher ihre neuen Erkenntnisse benutzen, um Glutamat-Transporter gezielt pharmakologisch zu verändern. "Wir haben nun einen funktionellen Einblick in die molekularen Mechanismen gewonnen und kennen eine neue Struktur des Proteins. Dadurch haben wir die Grundlage geschaffen, um nach Wirkstoffen für Medikamente zu suchen", blickt Jan-Philipp Machtens voraus. Solche Wirkstoffe könnten Störungen der Transporter- und Ionenkanalfunktion bei Erkrankungen wie Schlaganfall oder Epilepsie beseitigen. Bis zu einem marktreifen Medikament ist es aber noch ein langer Weg.

Original-Artikel

Machtens JP, Kortzak D, Lansche C, Leinenweber A, Kilian P, Begemann B, Zachariae U, Ewers D, de Groot BL, Briones R, Fahlke C. „Mechanisms of anion conduction by coupled glutamate transporters.“,Cell. 2015 Jan 29;160(3):542-53. doi: 10.1016/j.cell.2014.12.035. undefinedPubMed

Kontakt

undefinedProf. Dr. Christoph Fahlke
Institute of Complex System, Zelluläre Biophysik (ICS-4)
FZ Jülich
Tel.: 02461-61 3016

Pressekontakt

Annette Stettien
Unternehmenskommunikation
Forschungszentrum Jülich
Tel.: 02461-61 2388

 

 

Quelle: undefinedFZ Jülich (Copyright 2015)


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Warum Großzügigkeit von der sozialen Distanz abhängt

19.01.2015 – Wenn man einen Menschen schätzt, zeigt man sich ihm meist großzügiger und ist eher bereit zu teilen, als gegenüber Unbekannten. Ein Wissenschaftlerteam der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat unter Beteiligung der Bonner Universität und Züricher Forschern nun die Hirnregionen identifiziert, die zu dieser Variabilität in großzügigem Verhalten führen. Die Ergebnisse können sich sowohl auf ökonomische Theorien als auch auf das Verständnis von sozialen Verhalten auswirken. Die Studie wird nun in den ‚Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America’ vorgestellt.

Die Fähigkeit zu teilen ist eine wichtige Voraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft. So kommt es zum Beispiel auch in der Ökonomie darauf an, die Interessen der anderen Marktteilnehmer bei Entscheidungen mit einzubeziehen. Wir verhalten uns aber nicht allen Menschen gegenüber gleichermaßen großzügig. Einer nahestehenden Person gegenüber sind wir meist freigiebiger als einem Unbekannten. Dieses Phänomen bezeichnet man auch als „soziale Distanz“.

Wie die soziale Distanz mit der Fähigkeit zu teilen zusammenhängt und welche Gehirnregionen dabei eine Rolle spielen, wurde nun in einer Studie untersucht, die die Arbeitsgruppe Vergleichende Psychologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zusammen mit dem Center for Economics and Neuroscience (CENs) der Universität Bonn und der Universität Zürich durchführte.

Die Forscher beobachteten mit einem funktionellen Magnetresonanztomographen (fMRT) am Life&Brain Zentrum in Bonn die Hirnaktivität von Testpersonen, während diese im Rahmen eines Spielszenarios ökonomische Aufgaben lösten. Die Probanden (die aktiven Spieler) sollten zwischen einer egoistischen, allein für sie profitablen Option, und einer großzügigen Option wählen. Bei letzterer kommt auch einem gedachten Spielpartner ein Geldbetrag zu. Entsprechend erhält der Spieler selbst dann weniger Geld. Dabei sollten sie sich die Spieler vorstellen, dass ihr Spielpartner ihnen in einem Fall nahe steht, in anderen Fällen aber immer weiter sozial entfernt ist. „Dabei zeigte sich, dass die Teilnehmer viel eher bereit sind, ihren Egoismus zu überwinden und zu teilen, je näher sie dem Spielpartner emotional stehen“, so die Erstautorin der Studie, Tina Strombach aus der Düsseldorfer Arbeitsgruppe Vergleichende Psychologie.

Die begleitenden Hirnscans ergaben, dass bei der Entscheidungsfindung zwei Bereiche im Gehirn widerstreiten: Der eine ist der Ventromediale präfrontale Cortex, der im Stirnlappen der Großhirnrinde sitzt und zum Belohnungssystem gehört. Er stellt also quasi die egoistische Komponente dar. Ihm gegenüber steht die Temporoparietale Junction im hinteren Bereich des Gehirns. Sie wird mit der Empathiefähigkeit in Verbindung gebracht und ist für die Unterscheidung von „selbst“ und „fremd“ wichtig. „Beide Gehirnregionen arbeiten als Gegenspieler“, erläutert
undefinedProf. Dr. Tobias Kalenscher aus Düsseldorf: „Sie tarieren aus, wie egoistisch oder großzügig wir uns abhängig von der sozialen Distanz verhalten“. Prof. Dr. Bernd Weber vom CENs der Universität Bonn ergänzt: „Die Temporoparietale Junction hält die egoistischen Bestrebungen der ventromedialen präfrontalen Cortex in Schach und ermöglicht somit altruistisches Verhalten.“

Eine Besonderheit der Studie, die nun in den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS) veröffentlicht wurde, ist ihr interdisziplinärer Ansatz. Die Kombination auf ökonomischen und neuropsychologischen Fragestellungen nennt sich Neuroökonomie. Neben den Düsseldorfer Psychologen und den Bonner Neurowissenschaftlern waren der Düsseldorfer Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Peter Kenning und der Züricher Prof. Dr. Philippe Tobler beteiligt, die insbesondere zum Aufbau der ökonomischen Aufgabenstellung beitrugen.

Die Ergebnisse der Studie haben Implikationen sowohl für die Wirtschaftswissenschaften als auch für die Soziologie. Durch die im menschlichen Gehirn angelegten Verhaltensmuster im Bezug auf die soziale Distanz müssen hier weitere Faktoren für die Beurteilung von Verhalten in unterschiedlichen sozialen Kontexten berücksichtigt werden.

Original-Artikel

Strombach T, Weber B, Hangebrauk Z, Kenning P, Karipidis II, Tobler PM, Kalenscher T, „Social discounting involves modulation of neural value signals by temporo-parietal junction“, undefinedPNAS

Kontakt

undefinedProf. Dr. Tobias Kalenscher
Vergleichende Psychologie
Tel.: 0211-81 11607

 

Quelle: undefinedHHU (Copyright 2015)

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