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Symbolbild Neurone im Raum

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Transport von Botenstoffen im Gehirn entschlüsselt.

Jülich, 1. August 2013 – Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Institute of Complex Systems (ICS) des Forschungszentrums Jülich konnten beobachten, wie die Signalübertragung im menschlichen Gehirn durch Transportmoleküle beeinflusst wird. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift PNAS vorgestellt (DOI:10.1073/pnas.1300772110).

Im zentralen Nervensystem des Menschen kommunizieren Nervenzellen untereinander mithilfe von spezialisierten Botenstoffen, sogenannten Neurotransmittern. Ein besonders wichtiger ist die Aminosäure Glutamat. Wird eine Nervenzelle aktiviert, gibt sie Glutamat in den sogenannten synaptischen Spalt frei. Der Botenstoff muss diesen kleinen Raum zwischen den Zellen zur Weiterleitung des Signals überwinden. Sobald er die nächste Zelle erreicht, wird dort ein neues Signal ausgelöst.

Damit die Ausschüttung von Botenstoffen die nachgeschaltete Zelle nicht dauerhaft erregt, muss das freigesetzte Glutamat schnell wieder aus dem synaptischen Spalt entfernt werden. Dafür sind spezielle Transportmoleküle notwendig, die Glutamat dort binden und in das Innere der Zellen verfrachten. Die Jülicher Forscher haben mithilfe von Fluoreszenzspektroskopie in Echtzeit beobachtet, wie die Neurotransmitter an ein verwandtes Transportmolekül binden, das in Bakterien vorkommt. So ließ sich aufklären, wie diese Transporter zwischen verschiedenen Neurotransmittern unterscheiden.

An der Oberfläche der Transporter befindet sich ein klappenähnlicher Fortsatz. Nachdem Glutamat gebunden hat, schließt sich diese Klappe und verhindert so, dass es sich sofort wieder lösen kann. Daraufhin bewegt sich dieser Bereich des Transporters wie ein Kolben nach innen, um Glutamat in das Zellinnere freizugeben. Damit diese Freisetzung von Glutamat schnell genug ist, darf die Bindung nicht zu stark sein. Andererseits muss der Transporter aus dem großen Angebot der Moleküle im synaptischen Spalt gezielt Glutamat auswählen – was wiederum eine relativ feste Bindung des Botenstoffes erfordert. Die Transport-Moleküle lösen diesen scheinbaren Widerspruch durch die Kombination aus einer anfänglich schwachen Bindung und einem schnellen Einschluss durch die bewegliche Klappe.

Der Mechanismus bietet laut undefinedProf. Christoph Fahlke vom ICS auch einen medizinischen Ansatzpunkt. Bei bestimmten Krankheiten wie Schlaganfällen leiten einige Transporter Glutamat in die falsche Richtung und verursachen so übermäßig hohe Glutamat-Konzentrationen im synaptischen Spalt. Die neuen Erkenntnisse könnten bei der Entwicklung neuer Arzneimittel helfen, die diese Transporter gezielt hemmen und so die Nervenzellen vor Schaden bewahren.

Originalveröffentlichung

David Ewers, Toni Becher, Jan-Philipp Machtens, Ingo Weyand, and Christoph Fahlke
Induced fit substrate binding to an archeal glutamate transporter homologue.
PNAS 2013 110 (30) 12486-12491 (published ahead of print July 9, 2013)
DOI:10.1073/pnas.1300772110 undefinedArticle

Weitere Informationen

undefinedInformationen zum Institute of Complex Systems, Bereich Zelluläre Biophysik (ICS-4)

Ansprechpartner

Prof. Christoph Fahlke
Tel. 02461 61-3016

Pressekontakt

Tobias Schlößer
Tel.: 02461 61-4771

 

Quelle: undefinedForschungszentrum Jülich


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Selbstbeschränkung unterstützt Willenskraft.

25.07.2013 – Wissenschaftler aus Cambridge und Düsseldorf haben untersucht, wie man einer schnellen Versuchung widerstehen kann: Willenskraft allein ist ein schlechter Helfer. Man sollte sich besser von vorneherein selbst beschränken, also Versuchungen gar nicht erst an sich heran lassen. Sie beobachteten dazu in einem Experiment die Hirnaktivität von Männern, die sich erotische Bilder anschauen konnten. In der aktuellen Ausgabe der renommierten Zeitschrift Neuron stellen sie ihre Ergebnisse vor.

Wer kennt es nicht: Eigentlich weiß man, das man sich vor kleinen Versuchungen zurück halten sollte, um dafür später ein höheres Ziel zu erreichen. Aber wie leicht gibt man doch einer Versuchung nach, die zum Greifen nahe ist, selbst wenn man dafür auf eine spätere Belohnung verzichten muss? Leichter fällt die Abstinenz, wenn man sich von vorneherein dafür entscheidet, die Versuchungen zu verbannen.

Dr. Molly Crockett von der University of Cambridge (UK) und undefinedProf. Dr. Tobias Kalenscher von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf spürten mit Kollegen diesem Phänomen in einem ungewöhnlichen Experiment, mit bildgebenden Verfahren der Hirnforschung nach. Die Probanden lagen bei dem Experiment in einem funktionalen Kernspintomografen (fMRT), mit dem live die Abläufe im Gehirn visualisiert werden können. Sie nutzen erotische Versuchungen, die hervorragend geeignet sind, um in Echtzeit Reizmuster im Gehirn auszulösen.

Männliche Probanden standen vor einer Entscheidung, bei der Selbstkontrolle gefragt war. Anders als im wirklichen Leben, ging es in der Studie nicht darum, einer erotischen Versuchung gänzlich zu widerstehen. Die Probanden mussten lediglich versuchen, sich in Geduld zu üben. Zwei verschiedene Szenarien wurden untersucht: Im „Willenskraft-Szenario“ konnten sie stets auf mäßig attraktive Bilder zugreifen, erhielten aber nur dann den Blick auf erotisch viel ansprechenderes Material, wenn sie willentlich über längere Zeit abstinent blieben. Sie mussten sich also den Zugriff auf die nur mäßig attraktiven Bilder verkneiffen. Im „Selbstbindungs-Szenario“ entschieden sich die Probanden freiwillig von vorneherein gegen die Zugriffsmöglichkeit auf die mäßige Kost – sie hatten also gar nicht die Möglichkeit, sie zu wählen, selbst wenn sie es sich zwischendurch anders überlegt hätten. Dafür wurden sie aber nach längerer Wartezeit auf jeden Fall mit den besonders begehrten Fotos belohnt. Im „Selbstbindungs-Szenario“ konnten sich die Versuchsteilnehmer also freiwillig selbst daran hindern, eine „kurzsichtige“ Entscheidung für nur mäßige Fotos zu treffen, die ihnen den Zugang zu den sehr attraktiven Fotos verbaut hätte.

Dr. Crockett fasst die Ergebnisse der Studie zusammen: „Die vorherige Selbstbindung ist die bessere Methode der Selbstkontrolle. Wer sich dagegen auf die eigene Willenskraft verlässt, hat es deutlich schwerer, zu einem entfernt liegenden Ziel zu kommen.“ Die Gehirnscans zeigten, dass im Selbstbindungs-Szenario vor allem der frontopolare Cortex aktiv war, der auch für die Zukunftsplanung zuständig ist. Dies wiederum beeinflusst den dorsolateralen Präfrontalcortex positiv, der für die Willensbildung zuständig ist.

Prof. Kalenscher dazu: „Die Gehirnscans zeigen klar, wie die Selbstbeschränkung abläuft. Der Gedanke an eine zukünftige große Belohnung aktiviert Netzwerke von Hirnregionen, die uns über eine freiwillige Einschränkung unser Wahlmöglichkeiten dazu bringen, die Entscheidungen zu treffen, die langfristig gut für uns sind.“

Besonders willensschwache Personen sollten sich verstärkt diese Strategie zu eigen machen, wenn es darum geht, erfolgreich Versuchungen zu widerstehen – egal, welcher Art. Denn die Wissenschaftler betonen, dass die Ergebnisse ihrer Studie nicht auf das spezielle erotische Setting ihrer Studie beschränkt sind. Sie gelten generell, wenn es darum geht, Versuchungen zu widerstehen. Vergleichbare Szenarien sind Diäten – man sollte die Kekse verstecken lassen, um den Drang zur Kekspackung zu unterbinden – oder auch Facebook: kein Smartphone in Reichweite hilft, einmal wieder reale Freunde zu treffen. 

Originalartikel

Crockett et. al., „Restricting Temptations: Neural Mechanisms of Precommitment”, Neuron, 24. Juli 2013, Volume 79, Issue 2, S. 391 undefinedArtikel

Kontakt

Prof. Dr. Tobias Kalenscher
Psychologie – Abteilung Vergleichende Psychologie
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Tel.: 0211/81-11607

Quelle: undefinedHHU (Copyright HHU 2013)


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Neue Tablette erfolgreich bei Behandlung von schubförmiger Multipler Sklerose

01.07.2013 – Am Dienstag, den 11. Juni 2013, veröffentlichte die Neurologische Klinik des Universitätsklinikums Düsseldorf zusammen mit internationalen Forscherkollegen in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift „Lancet Neurology“ die Ergebnisse ihrer kontrolliert randomisierten, doppelblind durchgeführten Therapiestudie zur schubförmigen Multiplen Sklerose (MS). Getestet wurde das neue Medikament Siponimod in Tablettenform, das aus dem bereits zur Behandlung zugelassenen Fingolimod-Wirkstoff weiterentwickelt wurde und MS-typische Nervenschädigungen gezielter reduzieren soll.

Mit etwa 140.000 Fällen in Deutschland und rund 2,5 Millionen Patienten weltweit ist MS die häufigste entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems mit noch ungeklärter Ursache. Ausgelöst wird die unheilbare Krankheit durch bestimmte Immunzellen, die sogenannten autoaggressiven T-Lymphozyten, die die Myelin-Isolierschicht der Nerven im Rückenmark, Gehirn und an den Augen angreifen. Typische Folgen sind Lähmungserscheinungen und Erblindung, die nach einem schubförmigen Verlauf meist in eine fortschreitende Form mit zunehmender bleibender Behinderung übergehen. „Unsere klinischen Untersuchungen an 297 Patienten haben gezeigt, dass mit der Siponimod-Tablette diese krankheitsauslösenden T-Zellen gezielt von den Zielorganen ferngehalten und somit dortige Nervenschäden begrenzt werden können“, sagt undefinedProf. Dr. Hans-Peter Hartung, Direktor der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum Düsseldorf und Mitglied des Leitungsgremiums der klinischen Studie. „Das ist ein großer Vorteil gegenüber bisheriger Medikamente, die neben den schädlichen auch lebenswichtige Zellen des Immunsystems angreifen können.“

Der Wirkungsnachweis der gut verträglichen Siponimod-Tablette erfolgt nun in multizentrischen, internationalen Langzeitstudien mit weit größeren Patientengruppen. Erst danach kann beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ein Antrag auf Marktzulassung gestellt werden.

Kontakt:

Prof. Dr. Hans-Peter Hartung
Direktor der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum Düsseldorf
Tel.: 0211 / 81-17880

 

Von Adriane Grunenberg

Quelle: undefinedHHU (Copyright HHU 2013)


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Wie nah ist die Zukunft – Tiefe Hirnstimulation nicht nur bei Parkinson sondern auch bei schwerer Depression oder Demenz?

Die Tiefe Hirnstimulation (THS) gilt nach 25 Jahren ihrer Entwicklung inzwischen als Standardtherapie bei der Behandlung von Bewegungsstörungen im fortgeschritten Stadium der Parkinson’schen Krankheit. Ist dieses erfolgreiche Prinzip, bei dem durch schwache elektrische Impulse über hauchdünne Elektroden gezielte Bereiche des Gehirns beeinflusst werden, auch auf andere neurologische oder sogar psychiatrische Störungen zu übertragen?

Mit großem Erfolg wird durch diese Therapie das typische „Zittern“ (Tremor) und die Bewegungsarmut unterdrückt, so dass das tägliche Leben von Parkinsonpatienten möglichst wenig eingeschränkt ist. Seit wenigen Monaten ist auch klar, dass ein früherer Einsatz der THS im Verlauf der Parkinsonkrankheit sinnvoll ist. 

Ist dieses erfolgreiche Prinzip, bei dem durch schwache elektrische Impulse über hauchdünne Elektroden gezielte Bereiche des Gehirns beeinflusst werden, auch auf andere neurologische oder sogar psychiatrische Störungen zu übertragen? Wie nah die Zukunft dieser Anwendungen heute schon ist, welche therapeutischen und wissenschaftlichen Möglichkeiten noch in der THS stecken, und welche ethischen Ansprüche zu beachten sind, das sind Kernthemen einer international hochrangig besetzten Konferenz, zu der am 30. und 31. Mai das Zentrum für Bewegungsstörungen und Neuromodulation, Prof. Dr. Alfons Schnitzler, Neurologe, und Prof. Dr. Jan Vesper, Neurochirurg, nach Düsseldorf eingeladen haben.

Trotz vielfältiger Therapieansätze ist es nicht immer möglich, Patienten mit neuropsychiatrischen Störungen, wie schweren Depressionen, der Zwangskrankheit oder dem sogenannten Tourette-Syndrom ausreichend zu helfen. Solche Patienten sind erheblich in ihrem täglichen Leben eingeschränkt, oft bis hin zu Arbeitsunfähigkeit, und sie leiden massiv unter ihren Erkrankungen. Es gibt aber bereits erste Erkenntnisse, dass Betroffene bei einigern dieser Krankheiten von den Möglichkeiten der Tiefen Hirnstimulation profitieren könnten. Allerdings bedarf es noch weiterer klinischer Forschung bevor ein routinemäßiger Einsatz erfolgen kann.

Auch das Thema Demenz, das von zunehmender Bedeutung für das Gesundheitssystem sein wird, steht als Forschungsgegenstand im Blickpunkt der Mediziner. Bei der Alzheimer-Demenz werden im Hinblick auf die Behandlung mit der Tiefen Hirnstimulation zurzeit zwei Forschungsansätze verfolgt, die sich durch die unterschiedlichen Hirnregionen unterscheiden, die angesteuert werden. Für den Erfolg dieser Therapie müssen Mediziner also genau wissen, welche Region des Gehirns bei welcher Erkrankung die Zielregion ist, d.h. wo die Elektroden plaziert werden müssen. Das ist heute nicht bei allen genannten Erkrankungen abgesichert und daher Gegenstand intensiver Forschung.

Ein gewisses „Unbehagen“ im Zusammenhang mit neuropsychiatrischen Erkrankungen resultiert aus einer vergangenen Zeit, in der Eingriffe in das menschliche Gehirn zur Behandlung psychiatrischer Erkrankungen missbraucht oder zu unkritisch eingesetzt wurden. Auch deshalb kommt ethischen Fragestellungen hier eine besondere Bedeutung zu. Zumindest ein Teil der Patienten ist aufgrund ihrer Erkrankung nicht im Vollbesitz ihrer Urteilsfähigkeit. Es ist also unabdingbar, dass ethische Fragestellungen bei Design und Durchführung einer klinischen Prüfung entsprechend Berücksichtigung finden müssen.

Kontakt:

Prof. Dr. Alfons Schnitzler
Ärztlicher Leiter Bewegungsstörungen und Neuromodulation der Neurologischen Klinik und Direktor des Instituts für Klinische Neurowissenschaften und Medizinische Psychologie
Tel.: 0211 / 81-13014 oder – 17893

Prof. Dr. Jan Vesper
Leiter der Bereiche Funktionelle Neurochirurgie und Neuromodulation
Neurochirurgische Klinik
Tel.:  0211 / 81-18408

Quelle: undefinedHHU (Copyright HHU 2013)

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